Auf einer Sondersitzung des Rates zur Graftversumpfung im Jahr 2011 erklärt Oberbürgermeister Patrick de La Lanne den Ratsmitgliedern und ca. 250 Bürger*innen, er sei im Vorfeld der Entscheidung zum Einkauf des Trinkwassers als Aufsichtsrat und Gesellschafter der SWD nicht ausreichend informiert worden. Vor 250 Gästen hält er ein Blatt aus der Meyer-Expertise hoch um
dann zu behaupten, dass „die Anderen“ alles gewusst hätten, ihm sei diese Information aber erst heute zugespielt worden. Er habe auf Geheiß des Rates Geschäftsführer Salmen aufgefordert, den gesamten Vorgang zur Stilllegung des Wasserwerks Graft offenzulegen. Offenbar waren die erheblichen Auswirkungen , die einer Stilllegung des Wasserwerks folgen würden, einigen Personen seit Jahren bekannt.
Oberbürgermeister Patrick de La Lanne verlangt ein Gutachten zum gesamten Verlauf des Graftdramas.
Das Gutachten wird vergeben und liegt im Laufe des Jahres vor. Es sagt aus:
Oberbürgermeister Patrick de La Lanne war als Aufsichtsratsmitglied der Stadtwerke vor der Stilllegung des Wasserwerks in der Graft zu den Folgen der Stilllegung ausreichend informiert. Der ihm
anonym zugeleitete Plan – wurde ihm als Tischvorlage vor der Beschlussfassung zur Einstellung des Trinkwassers vorgelegt!
11.04.2012 Auszug Weser-Kurier:
Hans-Ulrich Salmen, Geschäftsführer der Stadtwerke Delmenhorst (SWD), hat ausreichend im Vorfeld der Wasserwerk-Schließung in der Graft über mögliche Konsequenzen informiert.
Das geht aus dem Gutachten-Entwurf der mit der Prüfung beauftragten Bremer Kanzlei GKMP Pencereci hervor. Damit wird der Ball an zwei weitere Akteure im Streit um die
Graft-Versumpfung weitergespielt: den SWD-Aufsichtsrat und die Verwaltung. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke wurde informiert, dass das Grundwasser steigt, sobald in der Graft
kein Trinkwasser mehr gefördert wird. Das hatte der Hydrogeologe Hans-Henning Meyer bereits 2003 in einem Schreiben und mit Karten dargestellt.
Allerdings bleibt auch einiges im Dunkeln und lässt sich nicht mehr genau ergründen. Zum Beispiel was 2003 mit den Erkenntnissen geschehen ist. Wahrscheinlich lag das Schreiben viele
Jahre in der Schublade und wurde erst 2011 wieder hervorgeholt, und zwar als die ganze Graft-Geschichte
hochkochte und vor allem die Frage gestellt wurde, wer wann was wusste und wer es eventuell versäumt hat, aus den Fakten die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Fakt ist: Salmen zeigte seinem Aufsichtsrat die Karten, die den prognostizierten Grundwasseranstieg bei Einstellung der Trinkwassergewinnung zeigen. Fakt ist auch, dass der
Aufsichtsrat am 3. Februar 2009 über dieses Thema sprach. Sicher ist zudem, dass Salmen das Schreiben des Hydrogeologen damals nicht erwähnte. Fest steht darüber hinaus, dass
sich die Aufsichtsratsmitglieder wegen des vorhergesagten Grundwasseranstiegs lediglich um den Badneubau sorgten. Sie zogen wohl die falschen Schlüsse aus den Kartenmaterial.
Oder vielleicht zogen sie auch gar keine Schlüsse daraus.
Pencereci verweist in dem 33-seitigen Gutachten-Entwurf zwar auf die Informationspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, notfalls indem sie Sachverstand von außen in die Beratungen
einbeziehen, allerdings erläutert er auch, dass sich die Aufsichtsräte in erster Linie darum zu kümmern haben, dass städtische Tochterfirmen wie die SWD im kommunalen Interesse
handeln. Sie haben also das originäre geschäftliche Handeln zu kontrollieren. Folgen einer Nicht-mehr-Tätigkeit des Unternehmens bezieht das nicht mit ein – daraus folgt, dass
die Aufsichtsratsmitglieder nicht haftbar gemacht werden können. Was übrigens auch für die Stadtwerke und die Stadt selbst gilt. Pencereci erklärt, dass wohl niemandem
Schadenersatz zusteht. Er zitiert einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 14. Oktober 2011.
Am 3. Februar hat demnach auch die Verwaltung von den erwarteten Entwicklungen erfahren, laut Sitzungsprotokoll haben Oberbürgermeister Patrick de La Lanne, der Erste Stadtrat Gerd
Linderkamp und der städtische Beteiligungscontroller Axel Mehrtens an der Aufsichtsratssitzung teilgenommen.
Spätestens zwei Tage später gingen die Sitzungsunterlagen zur Information auch an die Untere Wasserbehörde, also die zuständige Abteilung der Stadtverwaltung. Warum dort nicht auf
die hydrogeologischen Karten reagiert wurde, kann nur die Verwaltungsprüfung zeigen. Dass es zu einem Grundwasseranstieg kommen würde, war den Fachleuten wohl klar. Pencereci
zitiert zum Umgang mit den erhöhten Wasserständen eine E-Mail des Fachdienstleiters Jürgen Müller-Schönborn vom 12. Mai 2011, der darlegt, dass es noch keine Position der Stadt
zu dem Thema gebe. Als die Graft also bereits deutliche Vernässungserscheinungen zeigte, gab es noch keinen Plan in der Verwaltung, wie damit umgegangen werden soll.