Wie hat der Stadtrat auf die Graftversumpfung reagiert?


Was hat der Rat wann beschlossen?


2009


Der Bau des neuen Schwimmbades steht an, er soll ungeschützt mitten ins Trinkwassereinzugsgebiet gebaut werden. Damit die Stadtwerke die Schutzmaßnahmen in Höhe von 800.000 Euro sparen können, beschließt der Rat die vorzeitige Aufhebung des Trinkwassereinzugsgebiets. Die Fachpolitiker erkundigen sich im Vorfeld des Aufhebungsbeschlusses nach den Folgen der Aufhebung des Wassereinzugsgebietes bei Vertretern der Unteren Wasserbehörde. Sie erhalten die Auskunft: „Das Grundwasser würde 40 cm ansteigen und das sei gut für die Natur.“ Fakt ist: Der tatsächliche Anstieg war ca. 1,40 cm. So wird das Trinkwassereinzugsgebiet aufgehoben.


2011


Auf Initiative der SPD Deichhorst Stadtmitte findet eine Sondersitzung am 08.09.2011 statt.

Etwa 250 Bürgerinnen und Bürger und Bürgerinnen haben diese Sonderratssitzung zur Rettung der Graftanlagen verfolgt und teilweise das Wort ergriffen. Es geht um den Stadtpark Graft und um ihre beschädigten Häuser und Grundstücke. Sie fordern die Stadt auf, endlich zu handeln.
Oberbürgermeister Patrick de La Lanne erklärt den Ratsmitgliedern und Bürger*innen, er sei im Vorfeld der Entscheidung zum Einkauf des Trinkwassers als Aufsichtsrat und Gesellschafter der SWD nicht ausreichend informiert worden und hielt einen Auszug aus der Meyer-Expertise hoch um dann zu behaupten, dass „die Anderen“ alles gewusst hätten, ihm sei diese Information aber erst heute zugespielt worden. Er habe auf Geheiß des Rates Geschäftsführer Salmen aufgefordert, den gesamten Vorgang zur Stilllegung des Wasserwerks Graft offenzulegen.
Offenbar waren die erheblichen Auswirkungen , die einer Stilllegung des Wasserwerks folgen würden, einigen Entscheidungsbefugten seit Jahren bekannt. Der Rat fordert in der Sondersitzung sofortige Maßnahmen zur künstlichen Absenkung des Grundwassers und formuliert weitere Forderungen zur Lösung der Gesamtproblematik.


2012


Ein Gutachten zur Verursacherfrage und ein weiteres Gutachten zur Entwässerung der Graft wird vergeben. Ein weiteres Gutachten zu den Auswirkungen der „Vernässung“ der Graft auf die Bäume.


2013


Das von Gutachtern vorgeschlagene Konzept zur Drainagelösung stößt auf harsche Kritik.

Die Verwaltung lässt keine Umsetzung der Beschlüsse des Rates erkennen. Das Vertrauen des Rates zur SWD existiert nicht mehr. Im Rat gründet sich unter Leitung von Joachim Bäcker (CDU) die sachbasierte, interfraktionelle Arbeitsgruppe „IFAG“ mit Vertretern der im Rat vertretenden Parteien und des Ochtumverbands. Die beteiligten Fraktionen beantragen im Rat:

  • die Wiederherstellung der Gräben zur Oberflächenentwässerung der Graft
  • ein informelles Gespräch mit dem OOWV zur Vertragslage
  • die Gesellschaftsvertreter werden angewiesen, die „Wiederherstellung von Grundwasserförderung zur Trinkwasseraufbereitung zu veranlassen unter Berücksichtigung eines Kataloges von 12 Punkten".

Der Rat stimmt diesem Beschlussantrag zu. Die Stadtwerke teilen dem Oberbürgermeister mit, dass erhebliche Bedenken bezüglich der Umsetzung des Ratsbeschlusses zur Trinkwasseraufbereitung bestehen.


2014


Gutachter schließen eine erneute Trinkwassergewinnung in der Graft aus, da die Stadt Delmenhorst mengenmäßig durch den Vertrag zum Einkauf von Trinkwasser versorgt sei, er gibt aber auch sachdienliche Hinweise wie die Bedarfsfrage erschüttert werden könnte. Das Vertrauen des Rates zur SWD existiert nicht mehr – die fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe im RAT „IFAG“ hatte sich 2013 gegründet.


2015


Axel Jahnz (neugewählter Oberbürgermeister) richtet einen „Runden Tisch“ zur Lösung der Graftproblematik ein. Nach wenigen Sitzungen teilt Herr Salmen mit, dass die Pumpen zur künstlichen Absenkung des Grundwassers derart marode seien, dass sie täglich ausfallen könnten.
Eine Alternative zur totalen Graftversumpfung sah er nicht. Der „Runde Tisch“ wurde aufgelöst.

Im Juni fordert der Rat, die Brunnen zu sanieren oder zu erneuern, um die drohende Versumpfung durch den Ausfall der maroden Brunnen abzuwenden.

Der Rat beschließt auf Antrag von Andrea Meyer-Garbe (SPD) erneut die Trinkwasserförderung, es soll ein neues Wasserwerk gebaut werden.  Auf diesen Beschluss des Rates hin müssen die  Gesellschaftsvertreter in der SWD den Geschäftsführer anweisen, unverzüglich den Antrag zur erneuten Trinkwassergewinnung vorzubereiten und mit dem OOWV eine vorzeitige Vertragsauflösung zu beraten. Der Geschäftsführer der SWD lässt sich von seiner Haftung für die Folgen der erneuten Trinkwasserförderung in der Graft befreien. Außerdem soll ein Ingenieurbüro einen Oberflächenentwässerungsplan durch Grabenöffnung erarbeiten  um die Versumpfung der Graft zu beenden.

Im Spätherbst wird ein Gutachten zur Oberflächenentwässerung mit verschiedenen Lösungsansätzen vorgestellt. Es kristallisiert sich heraus, dass nur eine erneute Wasserförderung im ursprünglichen Umfang eine dauerhafte Lösung darstellen kann. Das Gutachten zur Oberflächenentwässerung wird wegen absurder Vorschläge verworfen. Die Fachverwaltung der Stadt bestätigt, dass die Trinkwasserförderung die einzige Möglichkeit zur Lösung der Graftproblematik sei.

Der Antrag auf Trinkwassergewinnung wird vorläufig gestellt, die Gutachten sollen laut Vorlage zwischen Ende 2016 und Mitte 2017 fertiggestellt sein.


2020


2020 wird letztlich der Antrag auf erneute Trinkwassergewinnung gestellt, das Ergebnis soll laut Plan Ende 2021 vorliegen.